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Sicherheit in der Zivilluftfahrt: Eine Momentaufnahme

Was Reisende wissen sollten

Es war der wohl schwärzeste Tag der deutschen Zivilluftfahrt seit Jahrzehnten: Der unerwartete Absturz des Fluges 9525 der Lufthansa-Tochter Germanwings in den französischen Alpen am 14. März 2015 stellt einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Luftfahrt dar. Die traurige Bilanz: Alle 150 Passagiere sowie sechs Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Die Ursache für den Absturz des Airbus A320 ist ebenso makaber wie erschütternd: Nach vorläufigen Ermittlungen der französischen Staatsanwaltschaft erscheint es naheliegend, dass der Copilot des Fluges den Totalverlust der Maschine bewusst herbeigeführt hat. Das macht die Suche nach einem Schuldigen zwar vermeintlich leicht, wirft zugleich jedoch zahllose weitere Fragen auf. So hat das Unglück nicht nur Trauer und Entsetzen hervorgerufen, sondern war auch Auslöser großer Unsicherheit unter Flugreisenden und Ausgangspunkt hitziger Diskussionen. Denn eines ist sicher: Bisher galten europäische Fluggesellschaften als die sichersten der Welt. Doch der jüngste Absturz der Germanwings-Maschine zeigt: Auch namhafte Anbieter sind vor derartigen Katastrophen nicht gefeit. Doch wie ist es um die Sicherheit in der Zivilluftfahrt bestellt? Und worauf sollten Reisende achten?

Flugzeugkatastrophen: Eine lange Chronologie tragischer Ereignisse

Allein im Jahr 2014 kamen insgesamt 970 Personen im Flugverkehr ums Leben – damit wurde die bisher positive Entwicklung der Unfallstatistik jäh beendet. Die Liste der jüngsten Unglücke, in welche zivile Maschinen verwickelt waren, ist lang: So verschwand am 8. März 2014 Malaysia-Airlines-Flug 370 mit 239 Passagieren an Bord spurlos – bis heute konnte der Vorfall nicht gänzlich aufgeklärt werden. Am 17. Juli 2014 wurde Malaysia-Airlines-Flug 17 über der Ostukraine abgeschossen – alle 298 Insassen starben. Am 24. Juli desselben Jahres verunglückte Air-Algérie-Flug 5017 in Mali – 116 Menschen kamen ums Leben. Am 28. Dezember 2014 stürzte Indonesia-AirAsia-Flug 8501 auf dem Weg von Surabaya nach Singapur mit 155 Passagieren und sieben Besatzungsmitgliedern an Bord ins Meer. Damit reiht sich das Unglück der Germanwings-Maschine in eine lange Chronologie tragischer Ereignisse.

Allgemein gelten vor allem Fluggesellschaften aus Afrika und Asien als besonders risikobehaftet. So verwundert es auch nicht, dass ein Großteil der jährlichen Flugunglücke auf ihre Konten geht. Zwar stellen Experten bei einigen dieser berüchtigten Airlines eine langsame Verbesserung der Sicherheitssituation fest, doch zählen sie noch immer zu den gefährlichsten Fluggesellschaften weltweit. Neben technischen Mängeln sind in manchen Ländern insbesondere die zunehmende Korruption und Bestechlichkeit des Personals die Ursache für das bestehende Risiko. Spezifische Sicherheitsvorkehrungen bleiben damit unerlässlich. So verhängt die Europäische Kommission in enger Absprache mit den Flugsicherheitsbehörden der Mitgliedsländer scharfe Sanktionen gegen unsichere Fluggesellschaften. Derzeit unterliegen unter anderem alle Fluggesellschaften aus Kirgisistan, Afghanistan, dem Kongo, Libyen, Liberia und Sudan einer EU-weiten Betriebsuntersagung. Zudem ist den meisten Airlines aus Indonesien und Kasachstan der Flugbetrieb innerhalb der EU und der Schweiz untersagt. Insgesamt 232 Fluggesellschaften aus 20 Ländern werden aktuell auf der Schwarzen Liste der EU-Kommission geführt. Weitere acht Betreiber unterliegen besonderen Beschränkungen und Auflagen.

Erhöhte Achtsamkeit ist auf Reisen stets ratsam

Dass es auch anders geht, zeigen philippinische Fluggesellschaften: Nachdem diesen seit 2010 ebenfalls der Betrieb im europäischen Luftraum untersagt war, wurden sie mit der jüngsten Aktualisierung von der Liste gestrichen. Aufgrund des steigenden Sicherheitsniveaus sieht die Europäische Kommission nun keine Notwendigkeit mehr, den betreffenden Gesellschaften den Flugbetrieb weiterhin zu verbieten. Damit gehen die Philippinen mit gutem Beispiel voran und können so auch anderen Flugbetreibern als Vorbild dienen.

Da die Schwarze Liste der EU jedoch nur jene Fluggesellschaften erfasst, die im europäischen Luftraum operieren, ist sie für Reisende nur von bedingtem Nutzen. Worauf sollten Passagiere also achten – insbesondere dann, wenn Sie auf kleine Charterunternehmen angewiesen sind? Leider muss vorweg gesagt werden, dass es keine absolute Sicherheit gibt und geben kann – demnach fliegt ein gewisses Restrisiko immer mit. Vor allem private Flugunternehmen verfügen häufig über keine soliden Sicherheitsstrukturen. Darum ist hier besondere Vorsicht geboten. So machte erst im November 2014 ein britischer Pilot Schlagzeilen, nachdem er im Vollrausch einen Privatjet mit zehn Passagieren von Mallorca nach Norwich flog. Nachdem die besorgten Insassen die Behörden verständigten, wurde der Trunkenbold schließlich am Zielflughafen verhaftet. Doch nicht nur Alkohol am Steuer(-Knüppel) kann zu einem gravierenden Sicherheitsrisiko werden. Ob Irrtum, Versehen oder der bewusste oder unbewusste Verstoß gegen geltende Regeln und Gesetze: Eine erhöhte Achtsamkeit ist auf Reisen stets ratsam. So können einige Grundsätze helfen, potenzielle Gefahrensituationen zu vermeiden und Risiken frühzeitig zu erkennen.

Vertrauen Sie auf Ihren gesunden Menschenverstand

Ehe Sie Ihren Fuß an Bord einer Maschine setzen, sollten Sie sich eingehend mit der federführenden Fluggesellschaft auseinandersetzen. So kann ein Blick auf das durchschnittliche Flottenalter bereits wichtige Hinweise auf die Sicherheit einer Fluggesellschaft liefern. Insbesondere in Entwicklungsländern sind Überalterung und mangelhafte Wartung der Maschinen ein häufiges Problem und ein ernst zunehmendes Risiko. So werden vielerorts noch immer alte Modelle aus Zeiten der Sowjet-Union eingesetzt – wer kein Interesse an einem riskanten Abenteuer in luftiger Höhe hat, sollte diese allerdings tunlichst meiden. Zudem sollten Sie die Zahl der Zwischenlandungen möglichst gering halten, denn der Start- und Landevorgang gilt als die gefährlichste Phase eines jeden Fluges – kein Wunder also, dass mehr als die Hälfte aller Verkehrstoten im Luftverkehr auf Kurzstreckenflüge entfällt. Grundsätzlich gilt: Vertrauen Sie auf Ihren gesunden Menschenverstand. Schließlich können auch die besten Statistiken keine Garantie für einen sicheren Flug bieten.

Gastautor: Manuel Weller (M.A.) ist als unabhängiger Fachjournalist tätig und beschäftigt sich  mit aktuellen Themen der Reisesicherheit sowie den daraus resultierenden Anforderungen an dasSicherheitsmanagement von Unternehmen und Behörden. Er hat „Risiko- und Sicherheitsmanagement“ an der HfÖV Bremen sowie „Risk Management and Corporate Security“ an der FH Campus Wien studiert. Zudem ist er als Online-Redakteur für die mybreev GmbH tätig.