loader

Das Risiko auf Reisen minimal halten – www.workingoffice.de

Sicher unterwegs

Gemeinsam können Unternehmen und Mitarbeiter viel für eine gesunde Heimkehr tun

Die Sicherheit auf Geschäftsreisen rückt immer stärker in den Fokus. Nicht nur Reisen in Krisengebiete bergen Risiken. Doch wer die Probleme kennt, kann Auslandsaufenthalte mit umsichtiger Planung und der Beachtung wichtiger Vorsorgemaßnahmen deutlich sicherer gestalten.

Reisesicherheit ist gerade in international agierenden Unternehmen ein außerordentlich wichtiges Thema. Eine Seite der Medaille ist, dass die Fürsorgepflicht der Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern angesichts gefährlicher Übergriffe auf Reisende im Ausland in den letzten Jahren immer stärker ins Bewusstsein gerückt ist. Die andere Seite ist die zunehmende Häufigkeit internationaler Geschäftsreisen – auch in Länder mit hohen Reiserisiken. Seinen Mitarbeitern angesichts dieser Ausgangslage nicht nur im Krisenfall zur Seite zu stehen, sondern auch mit sicherheitsbewusster Reisevorbereitung, ist daher unabdingbar.

Besser Wertschätzung als Schadensersatzansprüche

Unternehmen, die sich aktiv mit der Problematik auseinandersetzen, punkten in zwei Bereichen: Einerseits bringen sie mit Vor- und Fürsorge ihre Wertschätzung gegenüber ihren Mitarbeitern zum Ausdruck, was sich in Anbetracht des gestiegenen Problembewusstseins durchaus positiv auf deren Loyalität auswirken kann. Andererseits vermeiden sie ganz pragmatisch die – oftmals kostenintensiven – Folgen fehlender Schutzmaßnahmen. „Dazu kommen neben dem Ausfall der Arbeitskraft und Schadensersatzzahlungen auch Imageschaden durch kritische Medienberichterstattung und ähnliches“, sagt Mark Tantz, Geschäftsführer des Geschäftsreisespezialist FCm Travel Solutions, und fasst zusammen: „Arbeitgeber müssen aber auch unabhängig von den möglichen Folgen in ausreichendem Maße dafür Sorge tragen, dass der Mitarbeiter vor möglichen Gefahren, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit auftreten können, geschützt ist. Diese Pflicht besteht auch auf Geschäftsreisen.“

Sven Leidel, Experte für Reisesicherheit und Autor des kürzlich erschienenen „Handbuch Reisesicherheit“, ergänzt: Betrachtet man die neue Ausrichtung zahlreicher deutscher Unternehmen, in bestimmten Regionen und Ländern neue Märkte zu erschließen, die bislang als „Dritte-Welt-Land“, als Entwicklungsland, als Risikoland oder Hoch-Risikoland galten, so kann man erkennen, dass die Herausforderungen sich verlagern oder gar gewachsen sind. Und dass möglicherweise auf lange Sicht das Thema Reisesicherheit an Bedeutung sogar noch zunehmen wird.“ Die großen deutschen Unternehmen und Konzerne seien, so lobt der Experte die inzwischen positive Entwicklung, in der Regel sehr gut positioniert. Doch die Bedenken folgen auf dem Fuße: „Im gleichen Atemzuge muss man allerdings leider auch sagen, dass viele KMU sich dem Thema Reisesicherheit leider noch gar nicht oder nur unzulänglich annehmen.“ Vielfach glaube man, dass man mit dem Abschluss einer Auslandskrankenversicherung und dem Verweis auf das Auswärtige Amt seiner Fürsorgepflicht nachkomme. Doch das ist ein gefährlicher Trugschluss. Sogar Haftstrafen für die Verantwortlichen in den Unternehmen seien denkbar.

Je fremder ein Land, desto intensiver die Vorsorge

Der Arbeitgeber ist nämlich verpflichtet, seine Mitarbeiter so gut wie möglich auf Geschäftsreisen ins Ausland vorzubereiten. Auch für geeignete Schutzmaßnahmen hat er zu sorgen. Je fremder ein Land – etwa in religiöser oder kultureller Hinsicht – desto intensivere Vorsorgemaßnahmen muss der Arbeitgeber ergreifen. Jede Reise sollte individuell betrachtet und eingeschätzt werden, wobei Reiseziel, Reisedauer und Jahreszeit ebenso relevant sind wie zum Beispiel Transportmittel und Unterbringung, Größe der Reisegruppe oder die Position des Reisenden im Unternehmen. Bei aller Vorsicht ist aber auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten, dass dafür sorgt, dass die Fürsorgepflicht nicht überstrapaziert wird, erklärt Sven Leidel: „Auch der Arbeitnehmer hat Pflichten zur Vermeidung von Risiken. So besteht zum Beispiel eine Holschuld beziehungsweise Mitwirkungspflicht des Reisenden, sich vorab über das Reiseziel bestmöglich kundig zu machen und die angebotenen Vorbereitungsmaßnahmen des Arbeitgebers auch anzunehmen und „abzuholen“. Des Weiteren ist der Arbeitnehmer in der Pflicht, durch Unterlassen und richtiges Verhalten bestimmte Risiken auszuschließen.“ Das könne etwa bedeuten, abends nicht ins Rotlichtviertel zu gehen, nicht übermäßig viel Alkohol – oder gar Drogen – zu konsumieren und sich in bestimmten Ländern nicht über Politik und Religion zu unterhalten.

Risiken rechtzeitig abschätzen – und notfalls verzichten

Die Risiken, die Mitarbeiter auf Geschäftsreisen betreffen können, reichen von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis, Hochwasser oder Waldbränden bis hin zu Terroranschlägen. Auch Streiks oder Transportunfälle, Epidemien, Demonstrationen, politische Krisen und bewaffnete Konflikte sind denkbare Ursachen für erhebliche Beeinträchtigungen. Nicht zu vergessen sind leider auch Kriminalität und Entführungen. „Sobald eine konkrete Gefahr für das Leben des Reisenden besteht, sollte auf eine Geschäftsreise verzichtet werden. Ein Beispiels dafür sind bewaffnete Auseinandersetzungen wie die in Libyen“, erklärt Mark Tantz, „Die Sicherheitshinweise und Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sollten zwingend beachtet werden. Sie dienen als Informationsquelle über instabile politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Verhältnisse oder sonstige Gefahren und tragen so zum Schutz der Reisenden bei. Das Sicherheits- und Krisenmanagement von Fcm Travel Solutions steht in engem Austausch mit dem Auswärtigen Amt und informiert Kunden aktiv über kritische Situationen.“

Als alleinige Quelle, so Sven Leidel, seien die Informationen des Auswärtigen Amtes jedoch nicht ausreichend: „Diese Einschätzung beruht auf Erfahrungen aus der Praxis, dass Informationen auf den Internetseiten der Regierungsstellen häufig mit einer nicht unerheblichen Zeitverzögerung eingestellt werden und die bereitgestellten Informationen nicht selten auch zwischenstaatliche Besonderheiten mit berücksichtigen oder dies sogar müssen.“ Der Experte empfiehlt spezialisierte Dienstleister, deren Kerngeschäft es ist, für Auslandsreisen relevante Informationen zeitnah zur Verfügung zu stellen. Diese Dienstleister könnten auch „Ross und Reiter“ nennen und müssten sich nicht mit diplomatischen Formulierungen und zwischenstaatlichen Besonderheiten beschäftigen. Seriöse Anbieter stellen ihren Kunden per Internet- beziehungsweise Intranetzugang Länderdatenbanken mit sicherheitsrelevanten und medizinischen Informationen zur Verfügung.

Flugzeug am sichersten

Bei der Planung der Reise spielt die Wahl des Verkehrsmittels beziehungsweise die Optimierung des Sicherheitsniveaus in dem gewählten Verkehrsmittel eine besonders große Rolle. Trotz der immer wieder schockierenden Meldungen in den vergangenen Jahren gilt das Flugzeug – auch im Verhältnis zu Bus und Bahn – statistisch gesehen als sicherstes Verkehrsmittel. Je nach Destination kommt man um das Flugzeug aber häufig sowieso nicht herum. Doch es gibt durchaus Einschränkungen: Mark Tantz verweist auf die „Schwarze Liste des Europäischen Flugverkehrs“: „Sie gibt einen Überblick über Luftfahrtunternehmen, die in der Europäischen Union mit einem Betriebsverbot belegt sind, weil sie als unsicher betrachtet werden oder keiner ausreichenden Kontrolle durch die Behörden ihres Landes unterliegen.“ Eine weitere Hilfestellung sind kommerzielle Rating-Datenbanken, die Auskunft über Fluggesellschaften geben.

Auch unterwegs kann jeder einzelne viel für seine persönliche Sicherheit tun – und zwar unabhängig davon, ob man mit Bus, Bahn oder Flugzeug reist. „Bei allen Fortbewegungsmitteln sollte man auf das sichere Verstauen seiner Reise- und Wertsachen achten – und darauf, dass man diese immer im Auge hat“, erläutert Sven Leidel, „besondere Vorsicht ist beim Ein- und Aussteigen von Bus und Bahn angebracht sowie am Sicherheitscheck auf dem Flughafen. Langfinger gibt es überall. Möchte man sein Notebook zum Arbeiten während der Reisedauer nutzen, so muss man ebenfalls bei allen Transportmitteln darauf achten, dass der Sitznachbar den Inhalt des Bildschirms nicht einsehen kann. Dazu kann man beispielsweise zu einer einfachen Sichtschutzfolie greifen.“

Krisenmanagement im Unternehmen

Ein zentrales Element der Vorsorge ist das Krisenmanagement im Unternehmen. Es müssen ausreichend getestete Prozesse hinterlegt sein, die es ermöglichen, schnell und wirkungsvoll zu reagieren. Schon weil der Zeitfaktor dann von größter Bedeutung ist. Beim Verlust von Reisedokumenten oder Zahlungsmitteln müssen diese Prozesse greifen. Das setzt voraus, dass der Reisende weiß, an wen er sich zu wenden hat. Der ständig verfügbare Ansprechpartner muss befugt sein, schnell geeignete Maßnahmen einzuleiten. Beispielsweise muss er Bargeld zusenden oder ein Ersatzflugticket ausstellen lassen können. Bei Krankheiten und Unfällen müssen seine Befugnisse weit genug reichen, um sofort die Übernahme von Arztkosten oder einen Rücktransport veranlassen zu können.

Angesichts der technischen Möglichkeiten stellt sich die Frage, ob es zulässig und sinnvoll ist, reisende Mitarbeiter zum Beispiel mit GPS-Systemen auszustatten, die ihre Lokalisierung via Satellit erlauben. „Beim Einsatz von GPS-Geräten muss bzw. sollte neben dem Reisenden selbst auch der Betriebsrat zustimmen“, sagt Sven Leidel, „dem Reisenden und dem Betriebsrat ist plausibel zu vermitteln, dass nicht der Arbeitnehmer auf Schritt und Tritt überwacht werden soll, sondern dass der Einsatz dieser Technik ausschließlich zur Erhöhung der Sicherheit des Reisenden dient.“

Klare Linie, aufmerksame Mitarbeiter

Außerdem können Unternehmensrichtlinien helfen, die den Reisenden klare Vorgaben machen. „Denkbar wäre etwa“, so Mark Tantz, „dass für die Mitarbeiter in bestimmten Zielländern nur Übernachtungen in Hotels großer Ketten gebucht werden dürfen, da diese in der Regel über einen Wachschutz verfügen. Oder dass die Anzahl von Mitarbeitern, die auf denselben Flug gebucht werden dürfen, reguliert wird.“ Vielfach kann ein Unternehmen aber nur versuchen, die Mitarbeiter zu sensibilisieren. Ein Beispiel: „Das angeblich starke Geschlecht hat nicht selten einen wunden Punkt“, sagt Sven Leidel, „und das sind attraktive weibliche Bekanntschaften. Es gibt Länder, in denen diese Schwäche gezielt ausgenutzt wird. Nicht selten geraten Geschäftsreisende dort in kompromittierende Situationen, die zu einem späteren Zeitpunkt als Druckmittel genutzt werden können.“

Info-Kasten I

Weiterführende Informationen zur Reisesicherheit

  • Das BGB, insbesondere Paragraph 618, aber auch die Paragraphen 3, 4, 9, 10, 13 und 25 Arbeitsschutzgesetz, der UK Corporate Manslaughter & Corporate Homicide Act 2007 (UK CM&CHA) und weitere Regelungen verpflichten den Arbeitgeber zur Fürsorge gegenüber seinen Beschäftigten.
  • Künftig soll es auf www.handbuch-reisesicherheit.de einen Bereich geben, in dem sich Medical & Security Assistance und andere Fachanbieter aus dem Bereich Reisesicherheit präsentieren können.
  • Die „Schwarze Liste des Europäischen Flugverkehrs“: Auf der EU-Sicherheitsliste („Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist“) stehen Luftverkehrsgesellschaften, gegen die die Europäische Kommission gemäß der Verordnung wegen Nichteinhaltung internationaler Sicherheitsnormen ein zumindest teilweises Betriebsverbot in der Europäischen Union verhängt hat.
  • Das Tool „FCm Secure“ hilft bei der Risikoeinschätzung: Es zeigt Krisen auf einer Landkarte an und analysiert deren mögliche Relevanz für Reisende. Außerdem informiert es über Reisewarnungen sowie Krankenhäusern und Flughäfen in der Nähe. Dank eines Geo-Informationssystems bewertet die Anwendung die Relevanz wichtiger Informationen und Ereignisse: Befinden sich Mitarbeiter in einem Krisengebiet, informiert das Tool einen definierten Personenkreis im Unternehmen. Auch eine Kontaktaufnahme zu den Betroffenen vor Ort ist möglich.
  • Umfassende theoretische und praktische Informationen bietet das Handbuch Reisesicherheit von Sven Leidel: ISBN 978-3-7357-7725-6 (Paperback) oder ISBN 978-3-7357-2915-6 (eBook), 59,00 bzw. 44,99 Euro, Books on Demand.

Info-Kasten II

Frauen unterwegs in gefährlichen Ländern

Die fünf für Frauen gefährlichsten Ländern sind:

  1. Afghanistan
  2. Kongo
  3. Pakistan
  4. Indien
  5. Somalia

Insbesondere Indien ist in der letzten Zeit mit Meldungen über Gruppenvergewaltigungen, sexuellen Übergriffen auf Frauen und Tötungen von weiblichen Reisenden so negativ aufgefallen, dass in vielen Firmen Geschäftsreisen von Frauen nach Indien drastisch zurückgingen. Zwar tut die indische Regierung viel dafür, den schlechten Ruf zu korrigieren, indem beispielsweise Polizisten besser auf den Umgang mit weiblichen Vergewaltigungsopfern vorbereitet werden. Auch Zeugenschutzprogramme, Schnellprozesse bei Vergewaltigungen und drakonische Strafen sollen Vergewaltiger abschrecken. Doch sollten Frauen sich bei Reisen in gefährliche Länder unbedingt genauestens über die geschlechtsspezifischen und allgemeinen Risiken am Reiseziel informieren.

In Indien beispielsweise sind die folgenden Sicherheitsvorkehrungen wichtig und sinnvoll:

  • Die Kleidung sollte den lokalen Gegebenheiten angepasst sein.
  • Nur in Begleitung reisen – etwa mit einem männlichen Kollegen.
  • Je größer die Gruppe ist, in der man unterwegs ist, desto sicherer ist die Reise.
  • Soviel wie möglich vor der Reise organisieren. Beispielsweise den sicheren Transport im Land.
  • Öffentliche Verkehrsmittel besser meiden.
  • Wirklich nie die eigene Handynummer herausgeben, das Risiko zudringlicher Anrufe ist zu hoch.
  • Außerdem besser ein Diensthandy mitnehmen und es nach der Reise dem Arbeitgeber übergeben.
  • Angebote für Frauen nutzen: zum Beispiel Hotelzimmer, Taxen oder Bahnwaggons nur für Frauen

Artikel herunterladen